Chronik des Fliegerhorstes Wunstorf
Im Frühjahr 1934 wurde auf der Gemarkung Klein Heidorn der Grundstein für einen Flugplatz gelegt. Um ausgedehnte Rasenflächen für ein Rollfeld zu schaffen, waren umfangreiche Erdarbeiten notwendig. Der damalige Grasplatz hatte nach der Fertigstellung eine Ausdehnung von 414 ha und eine Zaunlänge von 13 km.
Das erste Flugzeug (Typ: Klemm 35) konnte im Mai 1935 hier landen. Bereits im Jahr 1936 wurde der Flugplatz durch die II. Gruppe des Kampfgeschwaders 27 (Boelcke) belegt. Die Flugzeugtypen Do 11, Ju 52 und später auch der Typ He 111 waren die Flugzeuge des Kampfgeschwaders 27. Während des 2. Weltkrieges blieb der Flugplatz von Kampfeinflüssen weitgehend verschont. Auf dem Gebiet des heutigen Truppenübungsplatz in Luttmersen wurden ausgeschlachtete Flugzeuge und Attrappen zum Teil unter Bäumen versteckt und die Fläche mit einer Landebahnbeleuchtung ausgestattet. In der Nähe des angeblichen Flugplatzes wurde eine große Heidefläche mit Brettern zugenagelt und so gestaltet, dass die überfliegenden alliierten Bomberverbände denken sollten, dass sich unter Ihnen das Steinhuder Meer befände.
Im Jahre 1945 übernahm die Royal Air Force den Fliegerhorst, der für viele Menschen in der Umgebung einen neuen Arbeitsplatz bot. Der Platz wurde erheblich vergrößert und zwei Start- und Landebahnen auf festem Untergrund errichtet. In dieser Zeit wurden die vorhandenen Gebäude renoviert und zeitgleich neue Hallen und Gebäude gebaut.
Durch die Blockade Berlins im Jahre 1948 wurde der Fliegerhorst Wunstorf zu einem der wichtigsten Flughäfen, neben den Flughäfen Celle und Faßberg, für die Versorgung Berlins. Ausgedehnte Hallenvorfelder, Abstellplätze und Flutlichtanlagen geben auch heute noch einen nachhaltigen Eindruck vom Ausmaß des ca. einjährigen Versorgungseinsatzes der Alliierten für West-Berlin.
Am 17. März 1958 übergab die Royal Air Force den Fliegerhorst Wunstorf an die deutsche Luftwaffe. Schon am 06. Juni des gleichen Jahres erfolgte die offizielle Übernahme, die durch den festlichen Einmarsch von 900 Soldaten dokumentiert wurde. Die erste Einheit war ein Luftwaffenausbildungsregiment. Etwa zeitgleich war für einige Zeit auch ein Fernmelderegiment stationiert. Als kurze Zeit später die Fliegerhorstanlagen und Start- und Landebahnen instandgesetzt waren, zogen die ersten Flugzeugführer hier ein. Es handelt sich um die Ausbildungsgruppe „B“ der Flugzeugführerschule „S“ die von Neubiberg nach Wunstorf verlegte. Geflogen wurden die Flugzeugtypen NORATLAS ND 2501, DOUGLAS DC 3 (C47) und PEMBROKE C.Mk.54.
Die Flugzeugschule hatte den Auftrag, die Flugzeugführer, Bordmechaniker und Funker auf die Flugzeugmuster NORATLAS und PEMBROKE umzuschulen. In dieser Zeit (1958) begann auch ein Kommando mit der Aufstellung der Instandsetzungsgruppe 2, die im Jahre 1959 in die Instandsetzungsgruppe / Luftwaffenparkregiment umgegliedert wurde. In den Jahren 1960 bis 1962 wurden aufgrund der Aufgabenstellung die Luftwaffenparkregimenter I und II aufgestellt. Nur mit wenigen Änderungen blieben diese beiden Luftwaffenparkregimenter bis zum Jahr 1970 bestehen. Nach einer umfangreichen Änderung wurden am 01. April 1970 die Luftwaffendepotinstandsetzungsgruppe 2 und der Luftwaffenversorgungsbereich 2 eingerichtet.
Seit dem Jahr 1970 wurde auf dem Fliegerhorst Wunstorf die theoretische und praktische Schulung von Flugzeugführern, Bordmechanikern und Ladungsmeistern auf dem Flugzeugmuster TRANSALL C-160 durchgeführt. Außerdem fanden hier die Kommandantenschulungen, die Ausbildung von Fluglehrern sowie die Lehrgänge zur jährlichen Lizenzüberprüfung statt.
Am 4. September 2009 fand der historische „Erste Spatenstich“ zum Um- bzw. Ausbau des Fliegerhorstes Wunstorf für die Stationierung des neuen Transportflugzeugs A400M statt. Seitdem werden viele Infrastrukturmaßnahmen auf dem Fliegerhorst umgesetzt. Viele Großbauprojekte wurden bereits abgeschlossen. Neben der Erweiterung der Start- und Landebahn 26/08 gehören auch ein neues internationales Ausbildungszentrum für Techniker und Piloten mit zwei Simulatorgebäuden, sowie drei neue Luftfahrzeughallen dazu. Auch das neue Zentrum für Medizinische Evakuierung (MedEvac) ist hier entstanden.
Im Dezember 2014 erhielt das LTG 62 den ersten Airbus A400M. Mit seiner Landung in Wunstorf begann für die Luftwaffe eine neue Ära des Lufttransportes. Seitdem ist die A400M-Flotte des LTG 62 im weltweiten, oft sehr gefährlichen Einsatz. Das war z. B. im Jahre 2021 der Fall, als das Geschwader mit einer Luftbrücke afghanische Staatsangehörige sowie weitere Bürger aus anderen Staaten evakuierte und besonders in 2023, als Deutsche und Personen anderer Nationalität, aus dem Krisengebieten Sudan, Israel und Mali ausgeflogen wurden.
Seit Juli 2019 ist das LTG 62 mit dem Flugzeugmuster A400M als „Tanker“ im Auslandeinsatz – als erste Nation überhaupt. Besonders bei den o. a. Evakuierungsmissionen konnten und mussten die umfangreichen weiteren Fähigkeiten des Flugzeugs und auch der Besatzungen auch in schwierigsten Situationen erfolgreich unter Beweis gestellt werden.
Bis Ende 2023 waren bereits mehr als 40 „A400M“ beim LTG 62 stationiert. Insgesamt soll die Flotte auf 53 A400M anwachsen, sodass noch weitere Abstellflächen auf dem Fliegerhorst Wunstorf gebaut werden müssen.
Aus aktueller Sicht ist mit weiteren Bautätigkeiten auf den Fliegerhorst noch bis Ende der 2020er-Jahre zu rechnen. Als konkrete Projekte sind vorgesehen:
Ein zweiter Simulator für das Ausbildungszentrum, der Neubau der Ausbildungswerkstatt, der Ausbau der Infrastruktur (Netze für Wärmeversorgung, Wasser und IT), ein neues Treibstofflager an anderer Stelle, der Neubau des Towers zwischen den Runways und die Erweiterung der Feuerwache.
Darüber hinaus soll bis 2027 der Bau des Airbus-Industry-Wartungszentrum östlich von Großenheidorn an der B 442 fertiggestellt sein.
Nicht zu vergessen ist die intensive logistische Unterstützung der FFS „S“ und später des LTG 62 durch das heutige „Systemzentrums 23“ und seiner Vorgänger-Einheiten. Ab 1958 wurden vom damaligen „Luftwaffenversorgungsregiment 2“ aus Diepholz Werften in Wunstorf untergebracht. Anfangs mit der Instandsetzung von Waffensystemen wie Noratlas und Transall C-160 beauftragt, erweiterte sich das Spektrum des „Systemzentrums 23“ von Luftfahrtelektrik/-elektronik, Flugabwehrraketen (Nike, Hawk und Patriot) bis hin zu Antennenmastanlagen und vielen weiteren Projekten. Heute liegt der Schwerpunkt des „Systemzentrums 23“ in der Instandsetzung der Flugabwehr-Waffensysteme. Es trägt aber mit seinen Fähigkeiten und Zertifizierungen auch entscheidend zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft sämtlicher fliegender Systeme der Luftwaffe bei.